The Great Train Robbery (Der große Zugüberfall)
The Last of the Mohicans (Der letzte Mohikaner)

Stummfilmtage
Live-Musik: Neil Brand

THE GREAT TRAIN ROBBERY (Der große Zugüberfall) | USA 1903 | Regie Edwin S. Porter | Drehbuch Scott Marble, Edwin S. Porter | Besetzung George Barnes, Frank Hanaway, Marie Murray, Gilbert M. Anderson, A.C. Abadie | Produktion Edison Manufacturing Company | Copyright 1.12.1903 | Länge 12 Minuten | Farbe mehrfarbig viragiert und handkoloriert | Zwischentitel englisch
Der Film erzählt die Geschichte eines Eisenbahnüberfalls, die Verfolgung der Verbrecher und als Showdown die Schießerei zwischen Verfolgern und Banditen. In vielen filmhistorischen Publikationen wurde THE GREAT TRAIN ROBBERY eine Vorreiterrolle zuerkannt: erster Spielfilm, erster Western. Tatsächlich war er jedoch vielmehr der erste Kinoerfolg. Zur Popularität verhalf dem Film nicht nur die aktionsvolle Darstellung, sondern auch seine Aktualität. Porters Film hat die Aktualität eines Wochenschauberichts. Die Blütezeit der Postkutschenüberfälle im Westen, die später noch so zahlreich auf Zelluloid gebannt werden sollten, war schon vorbei. Banditen bevorzugten bereits Eisenbahnen zum Überfall. So griff Porter lediglich ein in der Wirklichkeit gängiges und die allgemeine Aufmerksamkeit erweckendes Verbrechen auf und lieferte einen filmischen Sensationsbericht ab. (Peter Nowotny, Die Anfänge des amerikanischen Spielfilms als Western; Fischer Filmgeschichte, Bd. 1, Frankfurt/Main 1994)

Die wohl berühmteste Emblem-Einstellung der frühen Filmgeschichte ist die des Bandenchefs, der zu Anfang oder zu Ende von Porters THE GREAT TRAIN ROBERY ins Publikum schießt. Die semantische Funktion dieser Emblem-Einstellungen war es, die Grundidee eines Films zusammenzufassen. Diese um 1903 aufkommende Praxis hing mit dem Wunsch zusammen, die Figuren des Filmgeschehens präsenter zu machen, einen Augenkontakt zwischen ihnen und dem Publikum zu ermöglichen. Mittels dieses Kunstgriffs wollte Porter wohl das Unpersönliche der weit entfernt agierend Silhouetten überwinden. Obwohl sein Film schon über eine gewisse Linearität verfügt, werden die Schauspieler noch aus gleichbleibend großer Entfernung gefilmt. Ihre Gesichter sind kaum zu erkennen, sie erscheinen nur rein körperlich auf der Leinwand. Das, was eine »menschliche Präsenz« ausmacht, Gesicht und Stimme, fehlt ihnen noch gänzlich. Die Nahaufnahme, die Porter und seine Mitarbeiter THE GREAT TRAIN ROBBERY beifügen – ganz nach Gutdünken der Kinobetreiber konnte sie an den Anfang oder an das Ende des Films geklebt werden –, sollte dem Film diese menschliche Präsenz vermitteln. Ich spreche in dem Zusammenhang bewußt von »beifügen«, denn zu jener Zeit schien es noch unmöglich, eine solche Einstellung in den Film einzufügen, sie zu integrieren, und so konnte ihr kein fester Platz zugewiesen werden. (Noël Burch, La Lucarne de l’infini. Naissance du langange cinématographique, Paris 1991)


THE LAST OF THE MOHICANS (Der letzte Mohikaner) | USA 1920 | Regie Maurice Tourneur, Clarence L. Brown | Drehbuch Robert A. Dillon, Roman von James F. Cooper | Kamera Philip R. Dubois, Charles Van Enger | Besetzung Wallace Beery, Barbara Bedford, Albert Roscoe, Lillian Hall | Produktion Maurice Tourneur Productions Inc. | Premiere 21.11.1920 | Länge 73 Minuten | Farbe mehrfarbig viragiert | Zwischentitel englisch
Ironischerweise stammt die beste der zahlreichen Verfilmungen dieses populären amerikanischen Romans von einem französischen Regisseur. Vielleicht haben Europäer einfach den besseren Blick für amerikanische Geschichte und Volkskultur, und vielleicht ist eine gewisse Distanz von Vorteil. Obwohl die Verfilmung von 1920 nahezu völlig in Vergessenheit geraten ist, halte ich sie für die beste Leinwandadaption eines Stoffes von James Fenimore Cooper überhaupt.
Aufnahmen von den Kanus der Indianer, die den Fluß entlang gleiten, die Silhouette eines Indianers in einer Felshöhle bei Dämmerung, rot getönte Lagerfeuer in der Nacht mit tanzenden Schattenspielen unter den Bäumen, malerische Landschaftsaufnahmen von Wäldern und Bergen: Bilder wie diese bildeten den Hintergrund für die Action-Szenen und beeinträchtigten in keinster Weise die dramatischen Ereignisse. (Joe Franklin, Classics of the Silent Screen, Secaucus, New Jersey 1959)

Für mich gelingt es diesem eindrucksvollen Film, die aufwendige Geschichte ganz im Sinne der Vorlage umzusetzen ohne auch nur für einen Augenblick die filmischen Gestaltungsmöglichkeiten aus den Augen zu verlieren. Uncas, der Indianer, ist weder ein unnatürlich gutaussehender noch ein romantisierter Held. Aber 
Uncas ist echt, und die Abendteuer, durch die er die ihm vertrauenden Munroes führt, sind spannend und ebenfalls echt. Sie entsprechen ganz dem Geist der Vorlage. Tourneur unterscheidet sich von den anderen Regisseuren seiner Klasse, indem er die Schönheiten der Schauplätze herausarbeiten kann, ohne die Geschichte aus den Augen zu verlieren. (...) Es gibt mehr melodramatische Qualitäten in THE LAST OF THE MOHICANS als in einem halben Dutzend billiger Schauspiele, eindrucksvolle, atemberaubende Kampfszenen und eine dramatischen Höhepunkt an einem felsigen Abgrund, der alles schlägt, was wir seit Jahren gesehen haben. (Burns Mantle, Photoplay Magazine 5/1921)
Obwohl der Film mit nicht allzu vielen verschiedenen Farbtönungen arbeitet und man weniger abrupte Farbwechsel findet wie noch in Filmen der Zehner Jahre, zeigen zahlreihe Sequenzen in diesem Western, welch beeindruckende Wirkungen Farbviragen erzielen können. (Daan Hertogs / Nico de Klerk (Hg), Disorderly Order: Colours in Silent Film, Amsterdam 1996)

 

6 € (5 € bei MFZ-Mitgliedschaft). Die Kasse öffnet jeweils 60 Minuten vor und schließt 30 Minuten nach Beginn der Vorstellung. Bei allen öffentlichen Veranstaltungen verbleibt ein Kartenkontingent für den freien Verkauf an der Abendkasse.


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