Suspense
Blackmail (Erpressung)

Stummfilmtage
Live-Musik: Neil Brand

Suspense (Spannung) | USA 1913 | Regie Lois Weber, Phillips Smalley | Drehbuch Lois Weber | Besetzung Lois Weber, Valentine Paul, Douglas Gerrard, Sam Kaufman, Lule Warrento | Produktion Rex Motion Picture Company | Premiere 6.7.1913 | Länge 10 Minuten | Farbe schwarzweiß | Zwischentitel englisch
Zu einer wunderbaren Entdeckung geriet ein früher Film von Lois Weber, der wohl bedeutendsten Regisseurin der Stummfilmzeit. SUSPENSE bietet in zehn Minuten bereits die Essenz dessen, was Spannung im Kino bedeutet: Eine Frau wird bedroht, sie ruft telefonisch ihren Mann zur Hilfe, doch dieser wird seinerseits irrtümlich von der Polizei verfolgt. Es ist ein Montagefilm, der in seinen Bildausschnitten und einer für die Zeit revolutionären Split-Screen-Technik sein Sujet bis zum Äußersten ausreizt. Suspense, ein Wort, das fast schon als Erfindung Hitchcocks angesehen wurde, fand hier bereits seine filmische Definition. Lois Weber hatte in ihren Filmen die absolute künstlerische Kontrolle, sie plante, wie es 1921 in einem Artikel hieß, »bis ins kleinste Detail sämtliche dramatische Effekte und besorgt schließlich den Rohschnitt, die Titel und die endgültige Montage des Films«. Es war im selben Jahr 1913, als die Regisseurin ihren programmatischen Vortrag hielt über die Möglichkeiten sozialkritischen Kinos: »The Making of Picture Plays that will have an Influence for Good on the Public Mind.« (Daniel Kothenschulte, Film-Dienst 24/1993)
In SUSPENSE wirft die Haushälterin einen Blick – durch eine schlüssellochförmige Blende/Maske illustriert – auf das häusliche Glück von Mutter und Kind an und in der Wiege und entschließt sich, das einsam stehende Haus zu verlassen. Dieser observierende Blick auf die Idylle nimmt schon die spätere Bedrohung vorweg. Die nächste Einstellung ist ein Blick von der ersten Etage hinunter auf die Haushälterin, die den Schlüssel unter die Fußmatte legt. Anschließend verlässt sie die Totale des einsam stehenden Hauses, während Sekunden später der Landstreicher von der anderen Seite her die Szene betritt – sozusagen die knappe Urform einer Plansequenz. In dieser Komprimierung und Verschachtelung der Gleichzeitigkeiten fährt der Film fort. Eine Dreifach-Split-Screen – Kevin Brownlow nannte es Triptychon – kombiniert das Telefongespräch der bedrohten Frau mit ihrem Ehemann mit dem gleichzeitigen Eindringen des Landstreichers in das Haus. Schon während der Ehemann anruft um zu fragen, ob alles in Ordnung ist, hört der Landstreicher mit. Die Rettungsjagd des Ehemanns nach Hause im gestohlenen Auto, weshalb er wiederum verfolgt wird, wird parallel zum Eindringen des Landstreichers in das Haus, seiner Nahrungs- und Geldsuche und seinem Sich-Nähern der panischen Mutter-Kind-Einheit im verbarrikadierten Raum montiert. (Madeleine Bernstorff; Frauen und Film 56/57, Basel 1995)

Blackmail (Erpressung) | Großbritannien 1929 | Regie Alfred Hitchcock | Drehbuch Alfred Hitchcock, nach dem Bühnenstück von Charles Bennett | Kamera John J. Cox | Besetzung Anny Ondra, Sara Allgood, John Longden, Charles Paton, Donald Calthrop, Cyril Ritchard | Produktion British Intenational Pictures | Premiere Sommer 1929 | Länge 75 Minuten | Farbe schwarzweiß | Zwischentitel englisch
Im Februar 1929 begann Alfred Hitchcock mit seinem Drehbuch von BLACKMAIL, einer Geschichte um Alice White, der Braut des Scotland-Yard-Beamten Frank Webber, die in Notwehr einen zudringlichen Maler tötet. Webber wird mit dem Fall beauftragt und versucht Alice zu schützen, doch ein angeblicher Zeuge beginnt beide zu erpressen. Berühmt ist die Szene auf dem Dach des British Museums, auf dem eine Verfolgungsjagd stattfindet. Für die Rolle der Alice wählte Hitchcock Anny Ondra aus, eine blonde, in Polen geborene Schauspielerin, die in britischen Stummfilmen Karriere gemacht hatte. Anfang April, nachdem der Stummfilm abgedreht war, hätte der Schnitt beginnen können. Da rief Maxwell, der Produzent, Hitchcock zu sich ins Büro und eröffnete ihm, daß er von der Firma RCA aus Amerika eine Tonausrüstung ausgeliehen und ein provisorisches Studio für Tonfilme eingerichtet habe. Die Tonausrüstung sei technisch nicht der letzte Schrei, sagte er, und es sei unmöglich, mit ihr den Film nachzusynchronisieren, aber da war er nun – der Ton! Da die meisten Kinos noch keine Tonanlage hatten, würde man zunächst die Stummfilmversion von BLACKMAIL weiter verleihen. Aber wenn es irgendwie möglich wäre, wollte man zumindest einige Szenen neu drehen. So könnte der erste britische Tonfilm später im Jahr wenigstens in einigen bereits modernisierten Londoner Kinos vorgestellt werden. (...) Hitchcock hat nur einige wenige Szenen zu Live-Musik und mit Off-Toneffekten komplett neu gedreht. Anny Ondras Schlafzimmerszene veränderte er dahingehend, daß nun in dieser Szene ein Käfig mit Vögeln vorkommt, deren Gezwitscher ihr (und dem Publikum) den letzten Nerv raubt. Mit einem Hauptproblem wurde er jedoch nicht fertig: Anny Ondras deutlich ausländischer Akzent paßte kaum zu ihrer Rolle, in der sie die Tochter eines Ladenbesitzers aus Chelsea darstellt. Hitchcock ließ eine junge Schauspielerin engagieren, die sich außerhalb des Bildes aufstellen mußte und Ondras Sätze in ein Mikrofon sprach, während die nur die Lippen bewegte. Der Betrachter kann bemerken, daß die Darsteller Anweisungen folgen, die hinter der Kamera gegeben werden; zumindest fällt es auf, daß irgendetwas mit dem Timing nicht stimmt. BLACKMAIL brachte allen Beteiligten Erfolg – nur Anny Ondra nicht. Schlagartig war ihre Karriere im britischen Film zu Ende. Sie kehrte nach Deutschland zurück und heiratete den Boxer Max Schmeling. (Donald Spoto, Alfred Hitchcock – Die dunkle Seite des Genies, Hamburg 1984)

6 € (5 € bei MFZ-Mitgliedschaft). Die Kasse öffnet jeweils 60 Minuten vor und schließt 30 Minuten nach Beginn der Vorstellung. Bei allen öffentlichen Veranstaltungen verbleibt ein Kartenkontingent für den freien Verkauf an der Abendkasse.


Besuchsinformation

Öffnungszeiten

Die Ausstellungen des Münchner Stadtmuseums sind aufgrund der Generalsanierung aktuell geschlossen. Das Kino des Filmmuseums und das Stadtcafé bleiben weiterhin wie gewohnt bis Juni 2027 in Betrieb.

Informationen zur Von Parish Kostümbibliothek in Nymphenburg

Filmmuseum – Vorstellungen
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Donnerstag 19.00 Uhr
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