Geschichte des Münchner Stadtmuseums

Die Eröffnung des Münchner Stadtmuseums im Jahr 1888 zeugt vom Beginn eines historischen Bewusstseins der Münchner*innen für ihre Stadt. Ein Museum, das der Stadt gewidmet ist, hatte es zuvor nicht gegeben. Heute ist das Münchner Stadtmuseum das größte kommunale Museum Deutschlands mit einer Sammlung von mehr als vier Millionen Objekten.

Das weitläufige Areal des Münchner Stadtmuseums besteht aus vier Gebäudeteilen, die zwei Innenhöfe umfassen und in zentraler Lage zwischen St.-Jakobs-Platz, Sebastiansplatz, Nieserstraße, Rosental, Rindermarkt und Oberanger liegen. Parallel zum Gebäude wuchs auch die Zahl der Objekte, die heute an die dreißig Sammlungsgebiete umfassen und aus dem Museum ein Vielspartenhaus machen.

Jetzt wird das Gebäudeensemble, das unter Denkmalschutz steht, nach vielen Jahren der Planung saniert, umgebaut und voraussichtlich 2031 wiedereröffnet.

Gründung und frühe Jahre (1888-1919)

Inspiriert von den Gründungen des Germanischen Nationalmuseums 1852 in Nürnberg sowie des Bayerischen Nationalmuseums 1855 in München und bestärkt von einer Reform der Gemeindeverordnung, war seit den Feierlichkeiten zum 700-jährigen Stadtjubiläum 1858 die Idee zu einem eigenen Stadtmuseum aufgekommen.

Anlass lieferte auch die umfangreiche Bildersammlung des Münchner Kunsthändlers Joseph Maillinger (1831-1884), der zeit seines Lebens Darstellungen Münchens gesammelt hatte. Der Bestand von 30.000 grafischen Blättern war mithilfe einer von Bürger*innen finanzierten Lotterie in den Besitz der Stadt gekommen. Zur Unterbringung wurde das spätgotische Zeughaus am St.-Jakobs-Platz gewählt, das sich durch seine städtische Geschichte zur Musealisierung eignete. Dort waren seit dem Mittelalter die Waffen und Gerätschaften der Bürgerwehr gelagert worden, die im 19. Jahrhundert als historische Zeugnisse einer bürgerlichen Vergangenheit in den Blick geraten waren.

Im Jahr 1888 eröffnete das Historische Stadtmuseum der Stadt München im ersten Stock des Zeughauses. Erster Direktor wurde Stadtarchivar Ernst von Destouches (1843-1916), unter dessen Leitung sich das Museum als Sammelsurium verschiedener Objekte mit mehr oder weniger Bezug zur Stadtgeschichte zeigte. Das Historische Stadtmuseum und die Maillingersammlung wurden als zwei eigenständige Museen präsentiert.

 

 

Positionierung als Heimatmuseum (1920-1953)

Bis in die 1920er Jahre fand das Historische Stadtmuseum kaum Aufmerksamkeit. Mit wenig Personal lag die Haupttätigkeit im Sammeln neuer Ausstellungsobjekte, die in den Schauräumen ausgestellt wurden. Schnell wurde es eng.

Der seit 1911 am Haus tätige Verwaltungsangestellte Konrad Schießl (1889-1970) setzte sich nach einem Fronteinsatz im Ersten Weltkrieg für eine inhaltliche Neukonzeption sowie bauliche Veränderungen des Museums ein. Er orientierte sich am Konzept der Heimatmuseen. Diese hatten sich Ende des 19. Jahrhunderts als konservative Reaktion auf die zunehmende Industrialisierung, Modernisierung und Urbanisierung der Städte entwickelt. Sie rekonstruierten die bürgerliche Alltagskultur der jeweiligen Region und sollten der Identifikation mit Herkunft und Heimat förderlich sein.

Einhergehend mit der Gründung der Städtischen Galerie im Lenbachhaus, war im Stadtrat ein Anbau für das Historische Stadtmuseum diskutiert und 1925 beschlossen worden. In den Jahren von 1927 bis 1931 wurden umfangreiche Anbauten realisiert, zunächst der sogenannte Grässeltrakt, benannt nach seinem Architekten, dem Stadtbaurat Hans Grässel (1860-1939). Dieser Bau beherbergt heute den Haupteingang und den Kassenbereich. Der Leitenstorfertrakt, nach Hermann Leitenstorfer (1886-1972) benannt, folgte 1930. Er schließt auf der dem Zeughaus gegenüberliegenden Seite an den Grässeltrakt an und verbindet das Museum mit dem Marstallgebäude. Nach dem Umbau eröffnete das Museum 1931 mit einer neuen Dauerstellung und unter großem Interesse wieder. 

Das Historische Stadtmuseum war ein Nutznießer der nationalsozialistischen Ermächtigung. Konrad Schießl, der 1935 zum Direktor befördert wurde, erhielt finanzielle und ideologische Unterstützung zum Ausbau des Museums. Er tätigte zahlreiche und auch teure Ankäufe und profitierte von der Entrechtung und Verfolgung der jüdischstämmigen Bevölkerung in München. Noch bis Anfang der 1940er Jahre verfügte das Museum über einen hohen Ankaufsetat.

Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde das Museumsgut ausgelagert. Als im April 1944 Fliegerbomben das Zeughaus trafen, waren kaum Sammlungsverluste zu melden.

 

Marke "Münchner Stadtmuseum" (1954-1998)

Der Wiederaufbau des zerstörten Zeughausgebäudes dauerte im Material- und Rohstoffmangel der Nachkriegszeit mehrere Jahre an. Das weitgehend zerstörte Marstallgebäude wurde ganz abgetragen. 1954 konnte die Wiedereröffnung des Museums öffentlichkeitswirksam gefeiert werden. Der trotz seiner nationalsozialistischen Mittäterschaft eingesetzte neue Direktor Max Heiß (1904-1969) gab dem Haus den neuen Namen Münchner Stadtmuseum. In einer schnellen Folge von Sonderausstellungen äußerte es sich zu vielen damals aktuellen Themen.

In den folgenden Jahren stiegen die Besucher*innenzahlen stetig an, was sich neben der notorischen Platznot als Argument für einen Anbau verwenden ließ. Bereits 1954 war die Puppentheatersammlung dem Haus angegliedert worden, ab 1962 folgten weitere Spezialsammlungen wie die Städtische Musikinstrumentensammlung, das Fotomuseum, das Filmmuseum und das Brauereimuseum. Das Münchner Stadtmuseum wurde nun ein Vielspartenhaus, das durch die große Varianz seiner Sammlungen beeindruckt, aber kaum noch überschaubar ist. Im Jahr 1970 übereignete die Sammlerin Hermine von Parish (1907-1998) ihre umfangreiche Sammlung zur Mode- und Kostümgeschichte der Stadt München. Auch sie wurde dem Haus als Spezialsammlung angegliedert.

Von 1959 bis 1965 wurde in zwei Bauabschnitten der neue Gsaengertrakt realisiert. Der Anbau, benannt nach seinem Architekten Gustav Gsaenger (1900-1989), umfasst die um einen Innenhof angelegten Gebäudeteile nach Westen zum Oberanger, nach Norden zum Rosental und nach Osten zur Nieserstraße. Ab 1975 wurden weitere Anbauten realisiert, die historisierende Rekonstruktion des Marstallgebäudes sowie der Bau der Hofmanntraktes. Im Marstall befindet sich heute das Filmmuseum mit seinem Kino, das Stadtcafé sowie Teile der Sammlungen. Zusätzlich sanierte die Stadt das ehemalige Wohnhaus des Münchner Hofbildhauers Ignaz Günther (1725-1775) am St.-Jakobs-Platz 20, in der sich heute die Verwaltung befindet.

In den folgenden Jahrzehnten zogen große Ausstellungsprojekte, häufig in Kooperation mit Universitäten und anderen Institutionen, ein großes Publikum an. Ausstellungen wie "Trümmerzeit in München. Kultur und Gesellschaft in einer Großstadt im Aufbruch 1945-1949", "Das Oktoberfest. 175 Jahre Bayerischer Nationalrausch", "Das Aktfoto. Ansichten vom Körper im fotografischen Zeitalter" oder "München - Hauptstadt der Bewegung" fanden große Resonanz beim Publikum. Auch die Ausstellungen der Spezialsammlungen wie der Sammlungen Mode und Fotografie fanden hohen Anklang bei den Besucher*innen.

Mehr zu den Sammlungen

 

 

Auf dem Weg zum Umbau (1999-heute)

Bereits im Jahr 1999 meldete das Münchner Stadtmuseum den Bedarf von Renovierungs- und Instandsetzungsarbeiten an. Davon angestoßen, begannen 2002 am Museum und im Kulturreferat auch Prozesse zur inhaltlichen Neukonzeption des Hauses. Die bis dahin eigenständigen Spezialmuseen wurden zu Sammlungen umgewandelt und stärker in das Museum eingegliedert. In der Kommunikation nach außen festigte sich das Münchner Stadtmuseum als zentrale Marke.

Das Münchner Stadtmuseum wurde in die großen städtebaulichen Veränderungen rund um den St.-Jakobs-Platz einbezogen. Seit Jahrzehnten war der Platz vor dem Museum als Parkplatz genutzt worden und galt als städtebauliche Problemzone. Anfang der 2000er Jahre erhielt der Platz mit dem Bau der neuen Hauptsynagoge, dem Gemeindezentrum der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern sowie dem neu gegründeten Jüdischen Museum eine enorme Aufwertung.

Anlässlich des 850. Jubiläums der Stadtgründung im Jahr 2008 eröffnete die erste chronologische Dauerausstellung zur Stadtgeschichte im Münchner Stadtmuseum. Auf drei Stockwerken zeigt die Ausstellung "Typisch München!" die Geschichte der Stadt von der Gründung bis in die Gegenwart.

Seit den 2000er Jahren kamen neue Abteilungen ans Museum, beispielsweise die Presse und Kommunikation sowie die Kulturvermittlung. Auch innerhalb der Sammlungen gab es Umwandlungsprozesse. In den 2010er Jahren etablierten sich Forschungsstellen zu Migration und LGBTIQ*. Seit 2016 gibt es am Museum eine feste Stelle, die für Inklusion zuständig ist, auch die Partizipation wird mit Nachdruck verfolgt. Im Jahr 2018 richtete das Museum eine unbefristete Stelle in der Provenienzforschung ein, um seine Bestände auf NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kunst- und Kulturgut zu untersuchen, wobei auch Objekte aus dem kolonialen Kontext erforscht werden. Die Zahl der Mitarbeitenden, von den hauseigenen Werkstätten bis zu den Restaurierungsateliers, ist seit den 1980-er Jahren durch interne Umstrukturierungen und zusätzliche Finanzmittel auf circa 120 Personen angestiegen. Ein Mammutprojekt der letzten Jahrzehnte stellt die nachträgliche Digitalisierung der umfangreichen Sammlungsbestände dar. In Konvoluten wird die Sammlung Online mit Objekten ergänzt, um so die Bestände des Museums für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Die Renovierungspläne begleiten das Münchner Stadtmuseum seit Beginn der 2000er Jahre. Im Jahr 2013 beschloss der Stadtrat die Gesamtsanierung des in die Jahre gekommenen Hauses. Das Architekturbüro Auer Weber gewann das Vergabeverfahren im Jahr 2015, die Pläne bewilligte der Stadtrat 2019. Seither befindet sich das Münchner Stadtmuseum im Umbau. Die Durchführung beginnt 2025 und wird voraussichtlich 2031 beendet sein.

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Die Direktor*innen des Münchner Stadtmuseums

1888-1916: Ernst von Destouches (1843-1916)
Ernst von Destouches war Stadtarchivar und leitete das Historische Stadtmuseum und das Stadtarchiv gleichzeitig. Seine Amtszeit endete mit seinem Tod.

1916-1924: Karl Dietl (?)
Karl Dietl war Leiter der Städtischen Malschule und leitete die Städtische Malschule sowie das Historische Stadtmuseum parallel.

1925-1934: Dr. Eberhard Hanfstaengl (1886-1973)
Die Stadt München berief Eberhard Hanfstaengl 1924/1925 zum Gründungsdirektor der Städtischen Galerie. Er führte das Historische Stadtmuseum und die Städtische Galerie im Lenbachhaus gemeinsam. Im Jahr 1934 wurde er nach Berlin berufen, woraufhin sich das Historischen Stadtmuseum und die Städtische Galerie organisatorisch trennten.

1935-1954: Konrad Schießl (1889-1970)
Konrad Schießl arbeitete bereits seit 1911 am Historischen Stadtmuseum. Nach dem Ersten Weltkrieg brachte er sich aktiv in Leitungsfragen des Museums ein. 1938 übernahm er nach einer Vakanz des Direktorenpostens an der Städtischen Galerie vorübergehend auch die Leitung der Städtischen Galerie im Lenbachhaus.

1954-1969: Dr. Max Heiß (1904-1971)
Bereits seit 1935 war Max Heiß unter Konrad Schießl am Historischen Stadtmuseum tätig. Der gelernte Kunstmaler promovierte 1955, 51-jährig, im Fach Kunstgeschichte. Er ist nicht zu verwechseln mit dem namensgleichen Max Heiß, der im Nationalsozialismus Referent für den Kunsthandel bei der Landesleitung München-Oberbayern der Reichskammer der Bildenden Künste war.

1969-1980: Dr. Martha Dreesbach (1929-1980)
Die Kunstwissenschaftlerin Martha Dreesbach begann 1958 nach ihrer Promotion an der Ludwig-Maximilians-Universität als erste wissenschaftliche Mitarbeiterin am Münchner Stadtmuseum zu arbeiten. 1969 wurde sie zur Direktorin befördert. Sie starb 1980 mit nur 50 Jahren.

1980-1987: Dr. Christoph Stölzl (1944-2023)
Der Historiker und Literaturwissenschaftler Christoph Stölzl war sieben Jahre Direktor des Münchner Stadtmuseums. Anschließend wurde er Gründungsdirektor des Deutschen Historischen Museums in Berlin.

1988-2009: Dr. Wolfgang Till (*1944)
Wolfgang Till begann seine Zeit am Münchner Stadtmuseum nach Abschluss seines Studiums der Volkskunde im Jahr 1972 als Volontär bei der großen Ausstellung zu den Olympischen Spielen in München "Bayern – Kunst und Kultur". 1988 wurde er Direktor des Museums, eine Position, die er 20 Jahre lang innehatte.

2010-2019: Dr. Isabella Fehle (*1954)
Isabella Fehle ist Kunsthistorikerin, die Anstellungen in Karlsruhe, Stuttgart und Kornwestheim innehatte. Im Schwäbisch-Hällischen Museum und am Landesmuseum Mainz war sie als Direktorin tätig, bevor sie ans Münchner Stadtmuseum berufen wurde.

Seit 2020: Dr. Frauke von der Haar (*1960)
Frauke von der Haar ist Kultur- und Kunsthistorikerin. Nach einem Volontariat im Rheinischen Archiv-Museumsamt war sie als Stellvertretende Direktorin im Deutschen Klingenmuseum und als Direktorin im Grafschafter Museum im Moerser Schloss tätig. Bevor sie 2008 als Direktorin an das Bremer Landesmuseum für Kunst- und  Kulturgeschichte kam, war sie Konservatorin am Deutschen Museum in  München. Seit 2020 leitet sie das Münchner Stadtmuseum.


Besuchsinformation

Öffnungszeiten

Die Ausstellungen des Münchner Stadtmuseums sind aufgrund der Generalsanierung aktuell geschlossen. Das Kino des Filmmuseums und das Stadtcafé bleiben weiterhin wie gewohnt bis Juni 2027 in Betrieb.

Informationen zur Von Parish Kostümbibliothek in Nymphenburg

Filmmuseum – Vorstellungen
Dienstag / Mittwoch 18.30 Uhr und 21.00 Uhr
Donnerstag 19.00 Uhr
Freitag / Samstag 18.00 Uhr und 21.00 Uhr
Sonntag 18.00 Uhr

Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln

S/U-Bahn Station Marienplatz
U-Bahn Station Sendlinger Tor
Bus 52/62 Haltestelle St.-Jakobs-Platz

Kontakt

St.-Jakobs-Platz 1
80331 München
Tel. +49-(0)89-233-22370
Fax +49-(0)89-233-25033
E-Mail stadtmuseum(at)muenchen.de
E-Mail filmmuseum(at)muenchen.de

Kinokasse Tel. +49-(0)89-233-24150