leere Kinostuhlreihen aus rotem Stoff von hinten

Robert Altman

Retrospektive Robert Altman

Menschenfreund unter Vorbehalt
Seine Filme fordern uns heraus, die Geschichte seines Heimatlandes in einem anderen Licht zu betrachten. Sie lehren uns auch, die Geschichte der Industrie, in der dieser stolze Außenseiter arbeitetet, einer kritischen Revision zu unterziehen. Warum schreiben wir sie also nicht einmal neu? Dieser furchtlose Bilderstürmer hat es schließlich auch immer wieder getan.
Stellen wir also zu Anfang gleich einmal eine provozierende These auf. Wie wäre es, wenn die interessantesten Regisseure des New Hollywood gar nicht jene Jungspunde sind, die ihr Handwerk an der Universität gelernt und ihre Weltsicht im Kino entwickelt haben? Sondern jene Spätberufenen, die erst mit vierzig Jahren im Regiestuhl Platz nahmen? Damit wäre Robert Altman in guter Gesellschaft, denn zu seiner Generation zählen Meisterregisseure wie Paul Mazursky und Alan J. Pakula, die ab Ende der 1960er Jahre einen persönlichen Blick auf die Gesellschaft der USA wagten.
Als Altman 1970 mit M*A*S*H seinen Durchbruch erlebt, ist er bereits Großvater und 44 Jahre alt. Er fängt nach dem Zweiten Weltkrieg an, Drehbücher für Hollywood zu schreiben. Sein Handwerk lernt er bei Industriefilmen und später beim Fernsehen. Dort ist er vielbeschäftigt, nachdem Alfred Hitchcock seinen ersten Versuch als Spielfilmregisseur, THE DELINQUENTS (1957), gesehen hat und ihn engagiert. In zahlreichen TV-Serien beugt er sich deren Erzählkonventionen und Grammatik, um sie flugs über den Haufen zu werfen, sobald er seinen ersten Spielfilm für ein Studio dreht. Altman ist von Anfang an ein Störfall im Hollywoodsystem. Das Studio ist entsetzt, dass sich in COUNTDOWN (1967) die Dialoge der Darsteller ständig überlappen. Alle sprechen gleichzeitig! Das wird bald ein Markenzeichen dieses Unruhestifters werden.
In M*A*S*H macht er endgültig die Unordnung in Hollywood heimisch. Alles, was die Militärsatire einzigartig macht, setzt er gegen den Widerstand der Produzenten durch: die ungeheuerliche Respektlosigkeit, den Bezug zu Vietnam (er spielt nur zum Schein während des Koreakriegs), den Realismus der Operationsszenen, das diffuse Licht, die schmutzigen Uniformen. Altman lässt eine neue Generation von Schauspielern, die er in der Subkultur von San Francisco entdeckt hat, zum ersten Mal vor der Kamera auftreten. M*A*S*H gewinnt die Goldene Palme in Cannes und wird ein weltweiter Erfolg. Seinem Regisseur verschafft er für viele Jahre Spielraum. So kann Robert Altman zu einem der großen Neuerfinder erzählerischer Formen werden. Die Kamera steht bei ihm nie still, sie bewegt sich unentwegt und immer auf eigene Rechnung: in kunstvoller Zerstreutheit. Er begreift sie als ein Instrument der beiläufig durchdringenden Beobachtung, die nichts tragisch nimmt und nichts aus den Augen verliert. Er arbeitet mit extrem langen Brennweiten, verschiebt den Fokus behände. Oft wissen die Darsteller nicht, ob sie überhaupt im Bild sind. Das ist ein prinzipiell demokratisches, auf jeden Fall vielstimmiges Erzählen, bei dem die Nebenfiguren mitunter den Protagonisten gleichberechtigt scheinen. Altman braucht dafür die breite Leinwand. Von ihm stammen einige der großen Cinemascope- Filme schlechthin, allen voran 3 WOMEN (1977).
Seine Lust an der Improvisation begeistert Schauspieler, ärgert Autoren und erschreckt Produzenten. Für klassisch aufgebaute Drehbücher hat dieser Freischärler keine Verwendung; allenfalls folgt er ihrer Struktur. Selbst in dem Zyklus von Theaterverfilmungen, den er in den 1980er Jahren in Angriff nimmt, verfährt er so, nimmt sich Freiheiten, nicht selten auch gegen die Vorlagen. Szenarien betrachtet er nurmehr als Blaupausen, aus denen die unverwechselbare Atmosphäre seiner Filme entsteht. Die Dialoge dürfen aus dem Stegreif entstehen, sollen sich aus dem Verhalten der Charaktere ergeben. Oft schnappt er sie wie im Vorbeigehen auf. Beim Schnitt und bei der Tonmischung schreibt er die Filme dann noch einmal neu. Die ulkigen Lautsprecherdurchsagen, die M*A*S*H eine zusätzliche Erzählebene verleihen, kommen ihm erst im Schneideraum in den Sinn. Auch inhaltlich hebt er Hollywood aus den Angeln. Während Peter Bogdanovich, Francis Ford Coppola, Martin Scorsese oder Steven Spielberg, die etwa gleichzeitig Fuß im Filmgeschäft fassen, die Genres überprüfen, zieht Altman sie zur Rechenschaft. Er wagt sich an alle heran und demontiert zuverlässig ihre Gereimtheiten.

Zum gesamten Text von Gerdard Midding und dem pdf der Filmreihe mit allen Titeln und Terminen.

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